Clémence Jacques (geb. Vécrin)

Clémence wurde am 16. Oktober 1923 geboren. Die Familie Vécrin lebte in Ars-Laquenexy, einer kleinen Gemeinde bei Metz. Gemeinsam mit ihren zehn Geschwistern und den Eltern lebte Clémence dort auf einem Bauernhof, auf dem die Familie etwas Landwirtschaft und Viehzucht betrieb. Zudem hatten sie noch ein kleines Café im Dorf. Einer der Brüder war französischer Soldat, der kurz vor Kriegsausbruch im Jahr 1939 aus dem Dienst entlassen wurde.  
Als Lothringen und weitere Teile Frankreichs 1940 vom Deutschen Reich eingenommen und besetzt wurden, änderte sich das Leben für die Familie schlagartig:
„1940 sind die Deutschen gekommen und damit hat auch der Widerstand begonnen. Wir waren viele Kinder und die ganze Familie hat nur Französisch gesprochen.“

Eine der Schwestern, die schon verheiratete Polette, wurde aus Lothringen ausgewiesen und siedelte in den noch nicht besetzten Teil Frankreichs um. Alle anderen aus der Familie mussten bleiben und sollten sich als „Deutsche“ fühlen und verhalten. Diese aufgezwungene Identität traf natürlich auf Widerstand.

„Wir leisteten Widerstand auf unsere Weise. In einem so kleinen Dorf half jeder jedem. Bis 1943 ging es noch. Dann begann die schlimmste Zeit.

Ihr Bruder Maurice wird zunächst zum Arbeitsdienst eingezogen, muss kurz später zur Wehrmacht und fällt schließlich im Kampf in Russland. Clémence, die von den Deutschen nun Klementine genannt wird, muss ihren Arbeitsdienst in NRW leisten. 1944 kehrt sie in ihre Heimat zurück. Auch ihr Bruder Raymond war nun zur Wehrmacht eingezogen worden und sollte für die deutschen Besatzer kämpfen. Nach einer gewissen Zeit beantragte er einen Urlaub, den er auch genehmigt bekam und so konnte er zu seiner Familie zurückkehren. Zurück zur Wehrmacht wollte er aber nicht, sodass seine Familie ihn versteckte. Clémence und ihre Familie wurden schließlich verraten und von der Gestapo verhaftet.

„Morgens um fünf Uhr kam die Gestapo und hat uns aus dem Bett heraus verhaftet. Meine drei kleinen Schwestern blieben alleine zuhause. Aus unserer Familie wurden acht verhaftet. Mein Vater, meine Mutter, zwei Brüder, meine Schwester und ich, ein Schwager und die Verlobte meines Bruders … In Metz, bei der Gestapo in der Rue de Verdun, wurden wir verhört und dann wurden meine Mutter und ich zur Neuen Bremm gebracht.“  
Als Clémence das Gestapo-Lager betritt, war sie gerade einmal 20 Jahre alt. Sie und ihre Mutter sollten eineinhalb Monate im Lager bleiben. Aus ihren Berichten geht hervor, dass sie sehr unter den schlechten Lebensbedingungen gelitten hat. Sie berichtet von Flöhen und Läusen, die die Betten und Kleider befielen, von fehlenden Waschmöglichkeiten, von viel zu kleinen Baracken, von psychisch-perfiden Wärterinnen und von Zwangsarbeit, die sie verrichten musste.

„Während der ersten Tage im Lager und auch später, wenn wir nicht zur Arbeit mussten, waren wir quasi in einer Baracke eingesperrt, einer Art ‚Aufenthaltsraum‘. Von morgens bis abends saßen wir an Tischen, manchmal auch auf dem Boden, ohne uns zu rühren und ohne zu sprechen. Diese Tage zählen zu den schlimmsten meines Aufenthalts auf der Neuen Bremm. Auch wenn wir manchmal bis zur Erschöpfung arbeiten mussten, das war immer noch besser als tagelang so zu verweilen, ohne etwas zu tun und nur darüber nachzudenken, was uns am nächsten Tag erwartete, was uns die Zukunft noch bringen könnte. Wir wussten ja nie, was mit uns geschehen würde. Wohin verschleppen sie uns noch? Was haben sie noch mit uns vor? […]“
Um den 12. Oktober 1944 wurde sie gemeinsam mit ihrer Mutter und 30 anderen Frauen in eine Zelle der Gestapo-Leitstelle im Keller des Saarbrücker Schlosses gebracht. Am nächsten Morgen wurden sie von hier aus ins Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück deportiert.

„Dieser Teil des Transports ist eine meiner schmerzlichsten Erfahrungen. Diese Transporte erfolgten in hoffnungslos überfüllten Viehwaggons. Mit überschwappendem Aborteimer, mit sterbenden Frauen, die uns nachts beim Schlafen als Kissen dienten. Es war schwer, angesichts von so viel Elend, nicht den Mut zu verlieren. Ich denke, dass diese Transporte ein Teil der Vernichtungspolitik der Nazis waren.“

Von Ravensbrück aus wurden sie in eine Fabrik bei Dortmund verlegt, wo sie Bomben herstellen mussten. Von Dortmund aus ging es dann weiter nach Bergen-Belsen. Clémence und ihre Mutter erkrankten in Bergen-Belsen schwer an Typhus und wurden schließlich am 15. April 1945 durch die alliierten Truppen befreit.

Während Clémence sich von der Krankheit erholte und am 25. Mai 1945 in ihre Heimat zurückkehrte, mussste sie ihre Mutter wegen des schlechten Zustands zurücklassen. Sie starb nur wenige Tage nach der Befreiung am 28. Mai 1945 in einer der Baracken in Bergen-Belsen.
Clémence lebte später in Forbach, wo sie 2009 verstarb.

Verwendete Quellen:
-    Horst Bernard, Neue Bremm. Das Lager. Ehemalige Häftlinge des Gestapolagers Neue Bremm erinnern sich, Saarbrücken 2014, S. 57-75.
-    Ingrid Hessedenz, Neue Bremm – Das vergessene KZ in Saarbrücken. SR-Fernsehfilm 1990.